Begegnungen im Zeichen des Blechs

Begegnungen im Zeichen des Blechs

Brassfestival 'Sauerland-Herbst' mit großem Chor-Orchester-Konzert eröffnet

Die Fans des Sauerland-Herbstes wissen längst, dass sich hinter der Sammelbezeichnung ,,Brass" nicht nur Humtata verbirgt, sondern eine ebenso spannende wie vielfältige Palette von Musikerlebnissen. Zum Auftakt des Festivals in der Olsberger Konzerthalle gab es jetzt zum ersten Mal nun die besonders groß besetzte Luxus-Version.
Die Sächsische Bläserphilharmonie ist das einzige Kulturorchester Deutschlands in sinfonischer Bläserbesetzung. Mit der Chorgemeinschaft Cäcilia Zündorf und dem Volkschor der Stadt Bergheim interpretierten die Musiker Teile aus Carl Orffs ,,Carmina Burana" und die ,,Queen-Symphony" des britischen Komponisten Tolga Kashif.

Spitzenmusiker der Szene
In den kommenden vier Wochen treten nach diesem fulminanten Auftakt in weiteren 19 Konzerten die Spitzenmusiker der internationalen Blechbläser-Szene im Sauerland auf, und zwar in allen Stilrichtungen und allen Besetzungen: Vlado Kumpan und seine Musikanten repräsentieren am 10. Oktober in Hallenberg zum Beispiel die traditionelle Blasmusik, moderiert wird der Abend von Comedian Jürgen Bangert.
Festival-Leiter Georg Scheuerlein und sein Team werden für den Sauerland-Herbst zu Musikdetektiven auf den Spuren der aktuellen Trends und Namen und laden die interessantesten Interpreten ein. Für die Virtuosen hat das Festival inzwischen den Rang eines Familientreffens, so manche Karriere hat hier begonnen, etwa die von ,,Mnozil Brass".

Grenzgänger zwischen den Stilen
Dabei hat Scheuerlein vor allem jene Blechbläser im Blick, die Neues wagen, und Grenzgänger gibt es viele in der Szene, die traditionell in der Klassik ebenso sattelfest ist wie in Volksmusik und Pop. Der junge Tubist Andreas Martin Hofmeir zum Beispiel ist der derzeit beste Virtuose auf seinem unterschätzten Instrument und gleichzeitig als Kabarettist und Dichter erfolgreich. Am 21. Oktober konzertiert Hofmeir mit den Hagener Philharmonikern in Hagen und am23. Oktober in Schmallenberg. Ganz andere Wege gehen die Bläser von ,,Six, Alps & Jazz", die das Alphorn mit der Weltmusik verheiraten. Noch wenig erprobt sind hingegen Kombinationen von Blech und Stimme, vor allem Chor, natürlich nicht zuletzt aus dem Grund, dass ein sinfonisches Blasorchester und mehr als 100 Sängerinnen und Sängern aufwendiger zu organisieren sind als ein Trio.
Doch Georg Scheuerlein wollte sich zum Start der 15. Auflage des Festivals dieses ungewöhnliche Projekt nicht entgehen lassen, und die Begeisterung des Publikums gibt ihm Recht, das sich am Ende mit Beifall im Stehen bedankte.
Mit dem Brückenschlag zwischen Carl Orff und der britischen Rockgruppe ,,Queen" kann die Sächsische Bläserphilharmonie ihre Qualitäten voll ausspielen. Unter der Leitung von Christian Letschert-Larsson präsentieren die Musiker ein weiches und kultiviertes Klangbild mit delikat abgestufter Dynamik und schön ausgesungenen Soli. Der große Chor intoniert sauber und mit viel Leidenschaft, die Sopranistin Anna Pehlken kommt in die höchsten Lagen.

Von Rock bleibt nichts übrig
Während die ,,Carmina Burana" für Staunen und Freude sorgt, scheiden sich an der 2002 komponierten ,,Queen-Symphony von Tolga Kashif die Geister. Denn um das versprochene ,,Best of" der britischen Rockband handelt es sich definitiv nicht. Kashif übersetzt die Welthits von ,,Queen" stattdessen in orchestralen Farbenbombast. Darüber geht leider der Rhythmus völlig verloren, der Beat. Mit Rock hat das Ganze nichts mehr zu tun, und so ergibt sich eine eher einförmige Klangwolke, viel zu getragen, oft pompös, aber ohne Kontraste.,,We Will Rock You" tritt zwischen Posaunenchoral und stampfendem Schlagzeug felsenfest auf der Stelle. ,,We Are the Champions" mutet wie ein Klagelied auf Freddie Mercury an.
Aber die Kritik an der Komposition, der Tempo, Witz und Glamour der ,,Queen"-Hits fehlen, ist keine Kritik an den Musikern und Sängern. Denn die delikaten Balladen der Trompeten und ausgesuchte Dialoge etwa zwischen Cello und Harfe berühren das Herz. Was die Sächsische Bläserphilharmonie hier an Klangfarben-Feuerwerk zaubert, sucht seinesgleichen.
,,Der Sauerland-Herbst ist inzwischen eine starke Marke geworden", freut sich entsprechend der stv. HSK-Landrat Dr. Michael Schult darüber, dass ein Kultur-Festival Leuchtturmfunktion für die ganze Region erspielt.

Von Monika Willer, Foto: Kai Kitschenberg / WAZ FotoPool, Westfalenpost vom 04.10.2014
26.10.2014
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